Die 37-jährige Berlinerin Nadja Pechmann ist das, was man als Powerfrau bezeichnet. Das ist die bewegte Geschichte der Torhüterin von den Spandauer Kickers.
Wenn Freitag früh die Sonne aufgeht, nimmt sie den ersten Flixbus vom ZOB aus in Richtung Wien. Die Zeit im Bus überbrückt sie mit Arbeit aus dem Mobile Office. Am späten Nachmittag in Wien angekommen, geht es direkt auf den Trainingsplatz der Vienna Vikings zum Football-Training. Sonnabends steht dann ein Punktspiel irgendwo in Österreich an. Abends erfolgt dann die Rückreise nach Berlin, wo sie Sonntagmorgen gerade rechtzeitig ankommt, um beim Moabiter FSV als Teil eines dreiköpfigen Trainerteams an der Seitenlinie zu stehen – erst bei den 2. Frauen, dann bei den 1. Frauen. Nicht immer reicht die Zeit, um bis zum Abpfiff zu bleiben, denn den Tagesabschluss bildet ein Spiel der Spandauer Kickers in der Berlin-Liga, wo sie als Torhüterin aktiv ist. So in etwa sah für einen Zeitraum ein ganz normales Wochenende im Leben der Nadja Pechmann aus.
Der Rhythmus an und für sich ist geblieben, allerdings geht es seit Anfang des Jahres nicht mehr nach Wien zu den Vienna Vikings, sondern „nur“ noch nach Hamburg, wo sie aktuell für die Hamburg Amazons aufläuft. Nadja Pechmann, geboren 1986 in Spandau, hat sich früh für ein Tanzen auf den Fußball- und Football-Parties entschieden. Zum American Football ist sie dabei eher zufällig durch eine Freundin gekommen: „Als ich bei meinem allerersten Training weggetackelt wurde und mich wieder aufgerappelt habe, wusste ich: Das ist mein Sport. Beim Football kann ich alle Probleme loslassen, das ist einfach nur Freiheit.“
Und die Vita liest sich durchaus beeindruckend: Von 2012 bis 2019 wurde sie gleich sieben Mal Deutsche Meisterin mit den Berlin Cobra Ladies, ehe sie das Abenteuer Österreich wagte und auch mit den Vikings „natürlich“ zwei Mal Österreichische Meisterin wurde. Es erübrigt sich fast zu sagen, dass sie im Sommer dieses Jahres nach ihrem Wechsel nach Hamburg auch mit den Amazons Deutsche Meisterin geworden ist. Doch wie deckt sich das mit der Fußball-Karriere in Berlin? Tatsächlich hatte Pechmann weder in Wien noch in Hamburg eine eigene Wohnung und pendelt an den Wochenenden noch heute. „Von Sonntag bis Donnerstag liegt der Fokus in Berlin auf Fußball, Freitag und Samstag ist dann Football angesagt.“
Auch wenn Pechmann Football als ihre große Leidenschaft bezeichnet, nimmt der Fußball einen großen Platz ein. Angefangen 2006 beim FC Spandau 06 hießen die Stationen dann SV Seitenwechsel, SV Adler, 1. FC Lübars, SC Staaken und 1. FC Schöneberg, bevor es im Sommer 2022 zu SpaKi ging. Aber Pechmann wäre nicht Pechmann, hätte es nicht auch in der Fußball-Vita eine Station weit entfernt von Berlin gegeben: In der Saison 2015/16 kickte sie für Stern München.
Nebenbei steht sie auch noch als Trainerin an der Seitenlinie. 2016 hat sie ihre B-Lizenz erworben und ist seit 2010 auch im Besitz einer Torwart-Trainerlizenz: „Die habe ich damals als eine der ersten in Berlin gemacht und wurde ein wenig belächelt.“ Schaut man sich ihre Trainerlaufbahn an, sieht man allerdings auch schnell, dass dort nicht ihre Priorität liegt: Nach zwei Jahren im Mädchenbereich von Turbine Potsdam von 2009 bis 2011 folgt eine lange Lücke, ehe sie sich 2021 dem Moabiter FSV anschloss.
Auch fernab des Platzes sucht Pechmann die Herausforderung: „2013 durfte ich bei ‚Schlag den Star‘ gegen Box-Weltmeisterin Christine Theiß antreten, das war eine tolle Erfahrung, auch wenn ich knapp verloren habe.“
Auch im Beruf hat sich Pechmann komplett dem Sport verschrieben. Nach ihrem Lehramt-Studium für Sport, Französisch und Spanisch leitete sie ein Fitness-Studio und ist seit 2021 für die Landeshauptstadt Potsdam im Bereich Sport für die Verwaltung zuständig. Ein Job, der viele Vorteile mitbringt, ermöglicht er ihr durch die Möglichkeit des Mobile Office überhaupt erst, ihren Lebensstil so umzusetzen, wie sie sie es möchte. Und wenn es nach Pechmann geht, ist damit lange nicht Schluss, denn die 37-Jährige denkt nicht ans Aufhören: „Solange mein Körper mitmacht, möchte ich mein Leben genauso weitergestalten.“
Text: Daniel Kübler / Titelfotos: privat