Von 0 auf 200 in 15 Jahren: Der SV Empor steht vor einer stolzen Marke

Der SV Empor kann eine besondere Zahl in Berlins höchster Spielklasse erreichen. Hier möchte man irgendwann mal Oberliga-Fußball nach Pankow bringen – aber vor allem anders bleiben.

Als 14. Klub in der Hauptstadt kann der SV Empor die Marke von 200 Siegen in der höchsten Berliner Spielklasse knacken. Nach dem Auftaktsieg vor einer Woche gegen Charlottenburg (3:1) stehen die Prenzlberger aktuell bei 199 Erfolgen, schon am Sonntag könnte Empor den Meilenstein erreichen an der Britzer Mühle, wenn die Elf von Trainer Nicolas Ehrhardt beim Aufsteiger Stern Britz antritt.

Von 0 auf 200 in 15 Jahren – so lange spielt der Kiezklub von der Cantianstraße nun schon in der sechsten Liga. Dabei ging es gar nicht vielversprechend los, als sich die Emporianer im Sommer 2008 nach dem Aufstieg aus der Landesliga erstmals in der Berlin-Liga vorstellten. Die ersten sechs Partien gingen allesamt verloren. Im siebten Anlauf erst kamen die ersten drei Punkte auf das Konto.

Der heutige Abteilungsleiter Paul Kling (43) war dabei am 21. September 2008 und stand in der Start­elf, als der SV Empor ein dreckiges 1:0 bei Stern 1900 über die Zeit brachte, das ein blutjunger Armando Schmoldt erzielt hatte. Und Kling erinnert sich gut an die Zeiten von damals. „Das war die schärfste Saison, die ich bei Empor erlebt habe“, sagt er. Früh in der Saison tauschte der Verein Trainer Hans-Joachim Gehrmann aus und machte Rudy Raab in seinen Mittzwanzigern zum jüngsten Trainer der Liga. „Da hat gleich ein anderer Wind geweht“, sagt Kling über seinen einstigen Übungsleiter, der heute Lichtenberg 47 in der Oberliga betreut.

Dennoch steckte der Neuling die gesamte Saison über im Abstiegskampf fest – und ging tatsächlich als Tabellenschlusslicht in den finalen Spieltag. Doch die Konkurrenz patzte und Empor selbst drehte in den letzten zehn Minuten einen 1:2-Rückstand am Spandauer Ziegelhof, um auf den letzten Drücker doch noch über den Strich zu klettern. Was für ein Drama! „Den Jubel aus der Kabine hörten wir durch das Handy unseres Berichterstatters bis in die Redaktionsstube“, schrieb die FuWo seinerzeit. Empor, das nach der Hinrunde sieben magere Pünktchen hatte, blieb in der Berlin-Liga. Und Paul Kling sagt heute: „Das war der Grundstein für alles, was folgte.“

Was folgte, sind inzwischen 15 ununterbrochene Jahre, in denen sich der Klub in der höchsten städtischen Liga etablierte und 2021/22 sogar einen Vereinsrekord mit dem 6. Platz und 64 Punkten aufstellte. „Das sind stolze Zahlen, die uns freuen“, sagt Abteilungsleiter Kling. „Aber man könnte auch sagen, dass wir eigentlich schon etwas zu lange in der Liga spielen.“

Denn durchaus ist der überregionale Fußball ein Thema, mit dem man sich auf der Anlage im Schatten des Jahn-Sportparks beschäftigt. „Ein Großbezirk wie Pankow mit 400.000 Einwohnern könnte auch einen Oberligisten vertragen, das wäre mittelfristig schon etwas Schönes“, meint Kling. Aber: „Das kann bei uns nur organisch klappen. Wir werden keine Schulden machen und dafür investieren.“

Die Verantwortlichen beim SV Empor legen mehr Wert auf ihre Andersartigkeit. „Wir sind da schon speziell“, erklärt Kling und hebt unter anderem die Kontinuität im Verein hervor. Er selbst ist – abgesehen von einer dreijährigen Stippvisite bei Einheit Pankow – seit 1992 beim SV und kickt bei den Senioren mit Jungs zusammen, die schon im Nachwuchs seine Mitspieler waren. „Wir versuchen, einen gewissen Stallgeruch zu bewahren, eine Art Studentenklub zu bleiben und mit Fairness und unserem Auftreten herauszustechen.“ Sehr wohl bekommt Kling mit, was in der Liga mittlerweile für finanzielle Anstrengungen unternommen werden. „Wir gehen aber einen anderen Weg und wollen unsere Spieler nicht bezahlen, sondern ihnen eine Wohlfühloase bieten. Mit Geld macht man Spieler nur verrückt.“

Auf seiner Homepage schreibt der SV Empor: ‚Unsere Sportler und Mitglieder verkörpern das, wofür der Prenzlauer Berg inzwischen weltweit berühmt ist: Welt­offenheit und Toleranz.‘ Mit dieser Haltung will der Verein auffallen. Und er zeigt seit mehr als 15 Jahren, dass man auch damit Fußballspiele in der höchsten Berliner Spielklasse gewinnen kann. Und zwar eine ganze Menge.

Text: Steven Wiesner / Titelfoto: Andreas Ramlow

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