Fünf Trainer, 60 Spieler und eine Youtube-Hymne: Pfeffersport ist der etwas andere Klub

Abseits jeder Norm: Aufsteiger Pfeffersport ist erstmals Bezirksligist. Der 1990 gegründete Mehrspartenverein aus Prenzlauer Berg hat mit seiner Andersartigkeit eine Art Markenkern geschaffen.

Besonders ist bei Pfeffersport nicht nur der Name. Der 1990 gegründete Mehrspartenverein aus Prenzlauer Berg hat mit seiner Andersartigkeit in kurzer Zeit eine Art Markenkern geschaffen. Hier geht man die Dinge seit jeher vielfältig an. Jeder soll mit­machen – mit einer ausgeprägten Bereitschaft für neue Ideen und integrative Konzepte; fast ein wenig revolutionär. Über 50 Sport- und Bewegungssportarten können bei Pfeffersport betrieben werden, viele davon inklusiv, etwa Rollstuhlbasketball oder Inklusionshandball.

Beim Sportangebot für Menschen mit körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung ist der Verein berlinweit Vorreiter. Und dieser offene Ansatz zieht. Nicht nur bei den Mitgliederzahlen, wo der Klub einen konstanten Zuwachs verzeichnet. Über 5000 sind es schon, allein im letzten Jahr kamen mehr als 500 Neuanmeldungen hinzu. Auch die sportlichen Erfolge werden immer sichtbarer. Nicht zuletzt bei den Fußballern, den selbst­ernannten Kiezkickern, von Pfeffersport.

Seit 2015 wird überhaupt erst Männerfußball im Klub angeboten, vorher kickten für den damaligen SV Pfefferwerk nur Jugendteams. Mit der Neugründung durch die Volljährigkeit des 1996er Jahrgangs kam der zügige Erfolg. Nach drei Jahren in der Kreisliga C folgte 2018 der Aufstieg in die B-Klasse, 2020 ging es in die Kreisliga A. Und jetzt: Bezirksliga – der bisherige Höhepunkt für den Neuling, der mit seinen vielen Alleinstellungsmerkmalen in der 3. Abteilung weiter für Furore sorgen möchte.

Das fängt schon bei der unkonven­tionellen Mannschaftsaufteilung an. Pfeffersport I und II agieren mit einem Kader von fast 60 Spielern als Einheit, eine starre Hierarchie gibt es nicht. Dafür aber eine hohe Durchlässigkeit im Spielerpool und seit dieser Saison gleich fünf Trainer und Trainerinnen, die das große Gewusel auf dem Platz auch per App und Videoanalyse im Blick behalten. Oke Stielow, Philipp Pilz, Raol Brüntgens, Marie Heinz und Benno Scholze arbeiten als eng abgestimmtes Quintett. Dass dabei mit Heinz auch eine Frau die Anweisungen gibt, ist im Berliner Männerfußball wohl einzigartig. Die 34-Jährige ist Inklusionsbeauftrage beim Landessportbund, bringt als ehemalige Regionalliga-Spielerin (BW Hohen Neuendorf) alle Kompetenzen mit.

Als Headcoach dieser besonderen Konstellation fungiert der 33-jährige
Scholze. Der Gymnasiallehrer ist seit 2012 im Verein, war vorher im Jugendbereich des SV Empor und beim BFC Dynamo tätig. „Unser Konzept ist hier ein wenig anders. Zwar wird sowohl homogen als auch heterogen trainiert, aber wer es nicht in den Spieltagskader der Ersten schafft, soll das nicht als Degradierung verstehen. Wir unterstützen uns als ein Team, haben alle eine extrem große Identifikation zum Klub“, sagt er.

Die zeigt sich nicht nur dadurch, dass der ambitionierte Aufsteiger keine Abgänge zu verzeichnen hat. Man setzt auf nachhaltige Entwicklung. Ein paar Spieler des eingeschworenen Haufens haben jüngst sogar eine schmissige „Pfefferhymne“ eingesungen. Sie ist bei Spotify und Youtube zu finden und läuft seit der Endphase der letzten Saison vor jedem Heimspiel.

Nach einem festen Zuhause sucht der Klub aber noch. Bis Oktober ist man für Pflichtspiele beim Bezirksnachbarn SV Blau-Gelb an der Rennbahnstraße beheimatet, danach müssen die Kiezkicker wieder umziehen. „Hier ist der Senat gefordert. Wir sind der größte Sportverein in Pankow, das kann es eigentlich nicht sein“, findet Scholze. Nichtsdestotrotz: Die Liebe zum Klub ist ungebrochen. Gleich drei Akteure haben sich den Pfeffersport-Teufel, das breitgrinsende Klub-Maskottchen, im Rausch der Erfolgsjahre auf die Haut tätowiert.

All das stärkt das Zugehörigkeitsgefühl. „Viele Jungs haben hier alles bis zur Männergründung mitgemacht“, schwärmt Scholze. Sportlich traut er seinem Team auch in der neuen Liga eine gute Rolle zu. „Wir haben beim Exer-Pokal gesehen, dass wir mithalten können. Die Jungs haben großes Potenzial.“ Am Sonntag kommt im Landespokal mit dem FC Internationale ein echter Härtetest. „Warum soll nicht auch da etwas möglich sein?“, so Scholze. Ja, warum eigentlich nicht? Möglich ist bei diesem Klub schließlich vieles.

Text: Julian Städing / Foto: Olaf Kampmann

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