Nervenaufreibende Schlussminuten: Al-Dersimspor und die komplette Palette an Emotionen

Beim BSV Al-Dersimspor sollen wieder Disziplin und eine neue Spielidee eingeimpft werden. Der Berlin-Liga-Absteiger will in der Landesliga mit neuem Trainer in der Spitzengruppe etablieren. Der Start war durchwachsen.

Gerade einmal drei Spieltage sind in der Landesliga (1. Abteilung) bislang absolviert – und doch hat Michael Karakaya mit dem BSV Al-Dersimspor bereits die komplette Palette an Emotionen erlebt. Mit vier Zählern belegen die Kreuzberger und ihr 38 Jahre alter Trainer derzeit den 9. Tabellenplatz. „Wir hätten aus dem Saisonstart gerne zwei, drei Punkte mehr rausgeholt“, gibt der Coach des Klubs vom Anhalter Bahnhof unverblümt zu. Hatte der Berlin-Liga-Absteiger zum Ligaauftakt daheim den VfB Hermsdorf nach langer Unterzahl durch ein Tor in der 4. Minute der Nachspielzeit mit 1:0 bezwingen können, stand er eine Woche später nach Abpfiff mit leeren Händen da: Die Zweitvertretung des FC Internationale, bis zum Sommer noch in der Bezirksliga unterwegs gewesen, konterte den Treffer von Al-Dersimspor-Akteur Metin Aktürk vom Elfmeterpunkt zum 2:2-Ausgleich (90.) fünf Zeigerumdrehungen später noch mit ihrem dritten Torerfolg. Das Punktspiel in Schöneberg mussten Karakayas Schützlinge dabei sogar zu neunt beenden.

Und auch der jüngste Heimauftritt der Kreuzberger gegen Eintracht Mahlsdorf II bot eine spektakuläre Schlussphase. Auf Oguzhan Ünals Doppelpack, der die Hausherren mit 2:1 in Führung brachte (90.+2), folgte prompt die Antwort der keineswegs geschockten Gäste (90.+4).

Den Kontakt zu den vorderen Tabellenrängen sieht Karakaya nach den sicher geglaubten Zählern, die seiner Mannschaft auf den allerletzten Metern dann aber doch noch wieder aus den Händen geglitten sind, vorerst übrigens nicht abgerissen: „Das Schöne an der Landesliga ist, dass das Teilnehmerfeld so ausgeglichen ist, dass man nach ein oder zwei Wochen mit enttäuschenden Ergebnissen auch ganz schnell wieder nach oben schielen darf.“

Um sich mittelfristig zumindest in der Verfolgergruppe etablieren zu können, werde es laut Al-Dersimspors Trainer im Wesentlichen auf zwei Dinge ankommen: Zum einen müssen seine Fußballer schnell mit der ihm vorschwebenden Spielidee warm werden, die wenige Ballkontakte bis zur Übergabe des Leders an einen Teamkameraden vorsieht, und diese verinnerlichen. Karakaya gibt hierzu zu bedenken: „In vielen türkisch geprägten Mannschaften sind lange Phasen des Ballhaltens verankert.“ Zum anderen ergreife der Klub seit einiger Zeit Maßnahmen zur nachhaltigen Verbesserung des eigenen Rufs, der in den vergangenen Jahren stark gelitten hat. „Da muss sich einiges ändern, weshalb vom Schiedsrichter hinausgestellte Spieler zusätzlich zu den Sanktionen durch den Berliner Fußball-Verband auch von Vereinsseite eine Strafe erhalten“, versichert der Coach.

Im Nachgang zu den ersten beiden Ligaspielen musste die Führungsriege der Kreuzber­ger in dieser Hinsicht gleich vier Mal tätig werden – im Duell mit den Hermsdorfern sah neben einem Feldspieler auch ein bereits ausgewechselter Akteur die Rote Karte.

Auf den Kräftevergleich am Sonntag mit der noch verlustpunktfreien und gegentorlosen DJK Schwarz-Weiß Neukölln freut sich Karakaya sehr: „Da werden wir erstmals auf eine Mannschaft treffen, die gegen uns das Spiel machen will. Das kann von Vorteil sein, da wir in den bisherigen Partien noch ein paar Probleme damit hatten, Torchancen zu kreieren.“ Für den Einsatz in Britz-Süd gibt der Trainer einen Punktgewinn als Zielvorgabe aus – verbunden sicherlich mit der Hoffnung, beim Ertönen des Schlusspfiffs einen Ausflug in schöne Gefühlswelten unternehmen zu dürfen.

Text: Maximilian Voigt / Titelfoto: Mehmet Dedeoglu

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