Ein Halbstürmer mit einem „Schuss wie ein Pferd“: John Gruber ballert sich durch die Oberliga

John Gruber ist eine der Entdeckungen der laufenden Saison und auf Anhieb eine große Verstärkung für Regionalliga-Absteiger Lichtenberg 47. Mit 13 Toren führt der 21-Jährige zur Winterpause die Torschützenliste der Oberliga Nord an.

Dieser junge Mann ist spitze! John Gruber (21) seines Zeichens Mittelstürmer bei Lichtenberg 47, führt nach der Hinrunde der Saison 2023/24 die Torschützenliste der Oberliga Nordost an. In seinen zwölf Einsätzen schoss Gruber 13 Tore und gab acht Assists. Beim Tabellenzweiten war er also an 47 Prozent aller Treffer beteiligt. Hinzu kommen fünf Tore im Berliner Pokal, wo Lichtenberg bereits das Viertelfinale erreicht hat.

Lichtenberg 47 liefert sich ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen mit Hertha 03 Zehlendorf. Dass dieser Zweikampf um Platz eins und den Wiederaufstieg in die Regionalliga einem Krimi gleicht, haben die Lichtenberger um das Cheftrainer-Duo Rudy Raab/Nils Kohlschmidt auch ihrem jungen Stürmer zu verdanken, der als Neuzugang im Sommer die Erwartungen weit übertroffen hat. „Ich hatte mir viel vorgenommen, als ich im Juli bei 47 einen Vertrag unterschrieben habe“, sagt Gruber, „aber dass es so gut laufen würde, habe ich nicht gedacht. Meine Mitspieler besitzen einen großen Anteil an meinen Torerfolgen, die Vorlagen kommen oft perfekt.“

John Gruber ist bescheiden und stellt sich nur ungern in den Vordergrund. Pikant, dass er bereits ein Jahr zuvor nach Lichtenberg wechseln wollte, der Transfer aber nicht klappte. Gruber spielte bei Union Fürstenwalde, das Team stieg aus der Regionalliga ab, aber Gruber wollte liebend gern in der vierten Liga bleiben. „47 bot sich an – eine spielstarke Mannschaft und das Zoschke-Stadion ist nur 20 Minuten von Mahlsdorf entfernt, wo ich wohne“, erzählt Gruber. „Aber der Wechsel hat sich damals nicht ergeben.“ Nach vier Jahren in der Regionalliga stieg auch Lichtenberg 47 ab.

Nun gilt auch für Gruber vorerst das Motto: Durchsetzen in der Oberliga! Bei Fürstenwalde konnte er sich als blutjunger Spieler nicht als Torjäger auszeichnen, kam nur auf fünf Treffer in zwei Spielzeiten und war auch einige Male länger verletzt. Umso erstaunlicher ist seine Leistungsexplosion in neuer Umgebung. „Ich bin mit offenen Armen aufgenommen worden, richtig super“, schwärmt Gruber, „etwa die Hälfte der Spieler ist ja nach dem Abstieg geblieben und viele neue Leute kamen. Wir haben uns schnell gefunden, hatten zu Saisonbeginn gleich drei Kracherspiele gegen Makkabi, Hertha Zehlendorf und Tasmania. Das war richtungsweisend.“

Lichtenberg siegte im Sommer gegen Makkabi (2:1) und Tasmania (3:0), verlor aber in Zehlendorf mit 1:2. Das passierte am 6. August 2023. Seitdem eilt die Mannschaft in der Oberliga und im Berliner Pokalwettbewerb von Sieg zu Sieg.

„Mit seinen ersten Toren bekam John immer mehr Selbstvertrauen“, sagt Chefcoach Rudy Raab, „jetzt braucht er oft nur ein, zwei Chancen, um einen Treffer zu erzielen. Er hat wichtige Tore gemacht.“ Raab bescheinigt seinem Angreifer „Schnelligkeit, Athletik und einen Schuss wie ein Pferd! Er passt zu unserem Spielstil.“ Mit seinen 1,82 Meter Körpergröße und 76 Kilo Gewicht gehört Gruber nicht zu den furchteinflößenden Mittelstürmern. Raab: „Er spielt im Angriff mehr um den großgewachsenen und kopfballstarken Sebastian Reiniger herum und stresst so die gegnerischen Verteidiger. John bekommt viele Freiheiten und ist fast ein Halbstürmer.“

Gruber, der in seiner Jugend auch beim 1. FC Union spielte, sagt: „Mit zwei Stürmern zu agieren, kommt mir entgegen. Wenn Sebastian Reiniger mit seiner enormen Erfahrung im Zentrum steht, starte ich oft Tiefenläufe und spiele unorthodoxer. Das passt!“

Gruber studiert im dritten Semester Sportwissenschaft an der Humboldt-Uni und hilft seinem Vater und dessen Mitstreitern beim gemeinnützigen Unternehmen „Spielfeld“ in Mahlsdorf. Dort wird die sportliche Bewegung bei Kindern und Jugendlichen gefördert, beim Training und in Fußballcamps. Einmal in der Woche übt auch John Gruber mit
8- und 9-Jährigen Jungen.

Cheftrainer Rudy Raab lobt: „John ist ein bodenständiger Junge und sehr fleißig im Training.“ Nach seinen Zielen gefragt, bleibt der Torjäger bei der offiziellen Version des Vereins, nimmt das Wort „Aufstieg“ noch nicht in den Mund. „Es läuft gut“, sagt er, „aber jetzt müssen wir auch eine ganz starke Rückrunde spielen.“ Seine Tore sind dafür weiter dringend notwendig.

Text: Michael Jahn / Foto: Andreas Ramlow

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