Durch den Einzug der Profis in die Champions League spielt nun auch die U19 vom 1. FC Union international. In der Youth League ändert sich für die Köpenicker „ganz viel und ganz wenig“.
Rani Khedira wird es in dem Moment nicht bewusst gewesen sein, aber Unions Mittelfeldmotor hat am Sonnabend im Bundesliga-Finale gegen Werder Bremen irgendwie auch ein Tor für die vereinseigene A-Jugend erzielt. Denn mit der Qualifikation für die Champions League haben die Profis der Köpenicker gleichzeitig auch ihre U19 für die Königsklasse der Junioren angemeldet.
Seit inzwischen zehn Jahren messen sich in der UEFA Youth League neben den amtierenden U19-Meistern auch die A-Junioren-Teams jener 32 Klubs, die in der Champions League antreten. Das heißt: Aus der Bundesliga schicken in der kommenden Saison neben Mainz 05 auch Bayern München, Borussia Dortmund, RB Leipzig und die Eisernen ihren Nachwuchs durch Europa. Die Mannschaft von Trainer Marco Grote bespielt dort dann die gleichen Klubs, die Urs Fischers Mannen in der Gruppenphase zugelost bekommen. Ein absolutes Highlight für das Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) der Unioner. „Das bedeutet uns sehr viel“, sagt Nachwuchsleiter Janek Kampa. „Damit kommen internationale Top-Wettkämpfe dazu, die unsere Talente in der Ausbildung enorm nach vorne bringen können.“
Für Berlin ist das nicht komplett neu. In der Saison 2018/19 durfte Hertha BSC als damaliger Deutscher U19-Meister bereits in der Youth League starten und konnte bis ins Achtelfinale vordringen, wo man letztlich am FC Barcelona mit einem gewissen Ansu Fati scheiterte (0:3).
Union aber betritt Neuland mit diesem Wettbewerb. „Damit ändert sich ganz viel und ganz wenig“, sagt Kampa. Ganz wenig, weil sich die grundsätzliche, inhaltliche Arbeit mit den Top-Talenten deswegen nicht verändert. „Wir werden jetzt keinen anderen Fußball spielen“, erklärt Kampa. Und selbst internationale Termine gehören längst zum Kalender im Union-NLZ. So organisiert der Klub seit ein paar Jahren bereits zusätzlich zum regionalen Liga-Spielbetrieb immer wieder Testspiele mit europäischen Gegnern, zum Beispiel im Baltic Sea Cup.
Es ändert sich dann aber doch ganz viel, weil sich die Perspektivspieler von der Hämmerlingstraße plötzlich auf der ganz großen Bühne zeigen können, teilweise im TV, womöglich auch gegen globale Schwergewichte wie Real Madrid, Paris St. Germain oder Manchester United. Kampa: „Dass vor diesen Top-Wettkämpfen jetzt auch die Champions-League-Hymne für uns ertönt, verleiht dem natürlich einen glanzvollen Rahmen. Das macht es schon sehr speziell.“
Durchaus denkbar ist, dass diese Spiele dann auch unter Flutlicht im Stadion an der Alten Försterei ausgetragen werden. „Das hängt auch von den Profis ab“, gibt Kampa zu bedenken. Normalerweise finden die Junioren-Spiele am Spieltag der Profis statt. Laut Unions Nachwuchsleiter haben die Klubs die Freiheit, ihre Spiele vormittags mit wenigen Zuschauern auszutragen, aber eben auch am Vorabend mit festlicherer Kulisse. „Das Ziel ist in jedem Fall, in Köpenick zu spielen. Denn das ist unser Kiez“, erklärt Janek Kampa. Und der Kiez soll mehr oder weniger parallel zu den ersten Youth-League-Spielen im Herbst auch sein neues Trainingszentrum bekommen, laut Kampa soll dann der laufende Neubau vom NLZ beendet sein.
Die Gesamtentwicklung der Akademie in den vergangenen Jahren sieht man in Köpenick durchaus positiv. Seit mehreren Jahren spielt man mit beiden Leistungsteams durchgängig in der Bundesliga (bei der U19 sind es sechs Jahre, bei der U17 sogar deren acht), was nicht immer selbstverständlich war bei Union. Noch dazu haben die A-Junioren in der abgelaufenen Bundesliga-Saison mit Platz vier so gut abgeschnitten wie noch nie zuvor. Kampa: „Wir haben viel Qualität dazubekommen in den letzten Jahren, gerade auch was das Personal angeht.“ Unter anderem heben sechs Fußballlehrer und mehrere Talentspäher das Niveau an. „So werden unsere Kader im NLZ von zwei Seiten besser: Durch gutes Scouting kriegen wir gute neue Jungs und durch gute Ausbildung werden die Jungs, die schon da sind, auch weiterentwickelt.“
Und dennoch sagt Janek Kampa ungefragt: „Wir haben hohe Ansprüche an uns selbst – und wir werden erst zufrieden sein, wenn wir unsere Jungs irgendwann an der Alten Försterei spielen sehen.“ Denn die derzeitige geringe Durchlässigkeit in den Bundesliga-Kader ist vielleicht der einzige Makel in der goldensten Epoche, die der Verein je erlebt hat. Auch Kampa weiß: „Die Messlatte wird jedes Jahr weiter nach oben gelegt von den Profis.“ Die letzten Eigengewächse, die sich mittelfristig etablieren konnten, wie Christopher Quiring, Steven Skrzybski oder Eroll Zejnullahu, „haben das zu normalen Zweitliga-Zeiten geschafft“. Umso wichtiger sind mehr hochwertige Wettkämpfe für die Talente, „das ist das A und O“. Da kommt die Youth League gerade recht.
Text: Steven Wiesner / Titelfotos: Matze Koch, Torsten Schüler