Als Rocchigiani triumphierte: Kann Dynamo seine Durststrecke in Cottbus beenden?

Der BFC Dynamo trifft an diesem Dienstag in Cottbus auf das heim- und formstärkste Team aller Regionalligen – dennoch spricht auch etwas für Weinrot.

Als der BFC Dynamo zum bis heute letzten Mal in Cottbus ein Fußballspiel gewinnen konnte, tickte die Welt noch anders. Der Bundeskanzler hieß Helmut Kohl, der „Werner Beinhart“-Sound­track von Torfrock stand auf Platz eins der deutschen Musikcharts und der Berliner Boxer Graciano Rocchigiani hatte sich gerade mit dem Europameisterschafts­titel im Halbschwergewicht geschmückt. Kurzum: Es ist verdammt lange her.

Am 2. März 1991 konnten die Hohenschönhausener – seinerzeit als FC Berlin – in der Oberliga letztmals im Stadion der Freundschaft reüssieren. Burkhard Reich erzielte in der Schlussminute das 1:0 für die Mannschaft von Trainer Jürgen Bogs. Seitdem gab es für Dynamo nichts mehr zu bejubeln in der Lausitz. Eine Statistik, die die Berliner nun an diesem Dienstag (18 Uhr) beim Meisterschaftsanwärter Nummer eins gerne etwas aufhübschen würden, nachdem sie vor einer Woche bereits dem Wieder- und Noch-Tabellenführer aus Erfurt ein Bein stellen konnten (2:1). „Das Versprechen habe ich den Erfurtern gemacht: Wir werden uns auch in Cottbus in alles reinschmeißen“, hatte BFC-Coach Heiner Backhaus direkt nach Spielende betont.

Allerdings gibt es leichtere Aufgaben, als in diesen Tagen bei Energie Cottbus antreten zu müssen – man könnte sogar sagen: Es gibt zurzeit keine schwierigere. Denn die Mannschaft von Trainer Claus-Dieter Wollitz ist sowohl das heim- als auch das formstärkste Team, und zwar nicht nur in der Regionalliga Nordost, sondern in allen fünf Viertliga-Staffeln. Von den jüngsten elf Pflichtspielen haben die Cottbuser zehn für sich entschieden (das letzte beim 4:0 am Mittwoch im Landespokal-Halbfinale gegen den VfB Krieschow) und von 14 Heimspielen in der Liga auch erst zwei verloren.

Genau hier liegt aber auch eine Möglichkeit für Weinrot. Denn beide Niederlagen in der regionalliga-weit bestgesicherten Festung kamen bereits im Kalenderjahr 2023 zustande – und beide Spiele wurden von Gegnern aus Berlin gewonnen (2:0 Altglienicke, 2:1 Hertha II). Überhaupt scheint die stabile und austarierte Elf vom FCE eine kleine Hauptstadt-Allergie entwickelt zu haben. Fünf der sechs Liga-Pleiten setzte es gegen Konkurrenten aus Berlin, unter anderem im November bei der Hinspiel-Niederlage im Sportforum – der höchsten Cottbuser Saison-Schlappe (1:4). Kann Dynamo Wollitz‘ Allergiker also wieder zum Niesen bringen?

Wollitz weiß um die Schwere der Aufgabe, sagte vergangene Woche aber auch in einem Interview: „Ich denke, dass wir viel weiter sind als letztes Jahr.“ Vor allem bei der Anzahl der Punkteteilungen sehe man eine Weiterentwicklung der Mannschaft. „Enge Spiele wie in Greifswald vergangene Woche hätten wir letztes Jahr nicht gewonnen.“ Elf Unentschieden standen nach der Vorsaison zu Buche – aktuell sind es vier. Wollitz: „Wer nach 29 Spielen auf Platz eins steht, hat alle Möglichkeiten, auch nach 34 Spielen oben zu stehen.“

Das war vor einem Jahr eben jenem BFC Dynamo vergönnt, der sich nun nach der Halbfinal-Blamage im Pokal (1:5 bei Sparta Lichtenberg) zumindest wieder mit dem eigenen Anhang versöhnt hat. Backhaus sagte nach dem Erfurt-Sieg: „Ich bin zufrieden, dass die Fans den Pakt mit der Mannschaft wiedergefunden haben. Ohne Fans hat dieser Verein nicht die gleiche Power.“ 

Text: Steven Wiesner / Titelfoto: Patrick Skrzipek

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