„Das DFB-Pokalfinale war mein größtes Spiel“

Ronny Nikol erlebte seine besten Profi-Jahre beim 1. FC Union

Autor: Matze Koch

Als Bergsteiger ist Ronny Nikol nicht bekannt. Der frühere Fußball-Profi, inzwischen 45 Jahre alt und immer noch sportlich schlank, machte aber auch in luftiger Höhe eine gute Figur. In der Fußball-Arena Bobo Fuego in Weißensee, die Nikol seit 2011 mit einem Geschäftspartner betreibt, stand er im April auf einer Hebebühne und befreite die Decke von Spinnweben.

In den zurückliegenden Wochen waren in dem Areal mit drei unterschiedlichen Fußballfeldern Reinigungs- und Renovierungsarbeiten möglich, weil im Bobo Fuego (übersetzt Torfeuer) die Glut wegen der Corona-Pandemie erloschen ist. Seit dem 16. Märzgeht nichts mehr. 35.000 Besucher hat der Soccerground im Jahr. Vormittags kicken Kita-Kinder, am Nachmittag von 16 bis 23.30 Uhr Stammkunden – eigentlich. „Aktuell beträgt der Verlust rund 12.500 Euro pro Woche.

Glücklicherweise haben wir im Winter ein gutes Polster angelegt. Im Sommer wird es ohnehin ruhiger“, sagt Nikol. Hilfreich waren auch die 14.000 Euro Fördermittel, die Bobo Fuego rasch erhalten hat. Der Fußball spielt nicht nur wegen des Jobs immer noch eine große Rolle, auch wenn Nikol zunächst ein passabler Leichtathlet war.

Siegerpose: Ronny Nikol nach dem verwandelten Elfmeter im Pokalhalbfinale 2001. Foto: imago images/Camera 4 (2)/contrast, Koch
Der größte Tag in der Profi-Karriere von Ronny Nikol (r.): Im Olympiastadion bestreitet er mit dem 1. FC Union am 26. Mai 2001 das DFB-Pokalfinale gegen Schalke 04 (l. Niels Oude Kamphuis). Foto: imago images/Camera 4 (2)/contrast, Koch

Erst mit 16 Jahren begann er mit dem Kicken bei EAW Treptow. Nach Lehrjahren beim FC Berlin und der ersten sportlich nicht so erfolgreichen Profistation beim 1. FC Nürnberg (1995 bis 1997) erlebte Nikol seine Hochzeit beim 1. FC Union zwischen 1997 und 2003 in 228 Pflichtspielen (13 Treffer). „Ich bin ich über ein Probetraining zu Union gekommen. Trainer Karsten Heine hat entschieden, dass ich bleiben darf“, erinnert sich Nikol.

Die Rahmenbedingungen sahen in dieser Zeit sehr unterschiedlich aus. 1997 gehörten die Eisernen zu den Armenhäusern in der drittklassigen Regionalliga. Zwischenzeitlich waren die Wasserhähne durch die Unterstützung von Investor Michael Kölmelim übertragenen Sinne aus Gold. Das schlug sich auch auf dem Rasen nieder. 2001 stieg Nikol mit den Wuhlheidern unter Trainer Georgi Wassilew in die 2. Bundesliga auf. Im selben Jahr erfolgte der Einzug ins DFB-Pokal-Finale und den UEFA-Cup. Ab Ende des Jahres 2002 ging es bei den Eisernen wirtschaftlich aber wieder bergab.

Nikol, der auf der linken Außenbahn als Verteidiger und Mittelfeldmann agierte, denkt in erster Linie an das Positive. „Das DFB-Pokalfinale gegen Schalke 04 (0:2; die Red,) war definitiv mein größtes Spiel“, findet er. Extra für das Endspiel am 26. Mai 2001 im mit 73.011 Zuschauern ausverkauften Berliner Olympiastadion hatte er sich die blonden Haare zur Hälfte rot gefärbt.

Unvergessen ist auch sein entscheidendes Tor im Elfmeterschießen (4:2) im Pokal-Halbfinale gegen Borussia Mönchengladbach am 6. Februar 2001, nachdem es nach 90 und 120 Minuten 2:2 stand.

2001/02 wirkte Nikol in allen vier Europapokal-Begegnungen gegen Haka Valkeakoski (1:1, 3:0) und Litex Lowetsch (0:2, 0:0) mit. In der Debütsaison von Union in der 2. Bundesliga 2001/02 erreichte Nikol mit seinen Mitspielern den sechsten Rang. Das war sicher ein kleines Trostpflaster für so manches Drama, das er mit den Köpenickern erlebte. Im Mai und Juni 2000 scheiterte er noch in der Relegation zur 2. Liga bei zwei Versuchen denkbar knapp am VfL Osnabrück und an LR Ahlen.

2003 verließ Nikol Union, obwohl die Eisernen mit Coach Mirko Votava die 2. Liga halten konnten. Doch Nikol hatte seinen Glauben in die Vereinsführung verloren. „Das Gespann mit Präsident Heiner Bertram und Manager Bernd Hofmann war aus meiner Sicht nicht optimal. Und Cottbus wollte mich vorher auch schon verpflichten“, sagt Nikol.

Danach spielte er im Männerbereich noch für den FC Energie, Rot-Weiss Essen, Dynamo Dresden, den FC Carl Zeiss Jena, den Berliner AK, die VSG Altglienicke und den MSV Rüdersdorf. Heute gehört er in der Union-Traditionself zu den Aktivposten. In seiner Laufbahn erlebte Nikol mit Hermann Gerland (in Nürnberg), Wassilew, Eduard Geyer (Cottbus) sowie Wolfgang Frank (Jena) große Trainerpersönlichkeiten. Mit ihnen ist Nikol gereift.

Vater und Sohn vor der Bobo Fuego Fußball-Arena in Weißensee: Mit Junior Etienne kann sich Ronny Nikol in Corona-Zeiten fithalten. Ansonsten geht in der Arena seit Wochen nichts mehr. Foto: imago images/Camera 4 (2)/contrast, Koch
Aufstiegshelden 2001: Ronny Nikol, Zweiter von links, mit (von rechts) Daniel Teixeira, Tom Persich, Michael Zechner und Daniel Ernemann. Foto: imago images/Camera 4 (2)/contrast, Koch

Er musste aber auch persönliche Schicksalsschläge wegstecken. 1995 kamen seine Mutter und sein Bruder bei einem Verkehrsunfall ums Leben, bei dem Nikol als Mitfahrer im Wagen saß. Er versuchte, dies durch den Wechsel nach Nürnberg zu verarbeiten. „Der Kopf für den Fußball war nicht immer frei. Trotzdem hat es irgendwo geholfen“, glaubt Nikol.

2007 starb seine erste Frau Janis an Krebs. Ronny Nikol und Sohn Etienne, der inzwischen in der U19-Bundesliga für Union spielt, hat das zusammengeschweißt. Nikols neue Partnerin Marlen und die 2013 geborene Tochter Emma gehören jetzt auch zur Familie. Mit Junior Etienne, der wie der Vater ein Linksfuß ist, kann sich Ronny Nikol auch während der Corona-Krise in der Fußball-Arena fithalten.

Den Weg der Eisernen verfolgt Nikol immer noch. 2019 wurde er zur Aufstiegsfeier der Profis eingeladen. Jetzt gratuliert er zu einer bislang erfolgreichen Saison in der Bundesliga. Nikol: „Ich hoffe, dass sie das ins Ziel bringen. Sie haben es bisher wunderbar gemacht. Damit habe ich nicht gerechnet.“

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